Einen gepflegten Ausgleich zur stressigen Weihnachtszeit bietet nun schon im 5. Jahr das Ruhrpott Metal Meeting, das auch in diesem Jahr wieder in die Turbinenhalle Oberhausen lockte. An zwei Tagen präsentierte das noch junge Festival zahlreiche Bands auf zwei Bühnen. Neben QUEENSRYCHE, KATAKLYSM und meinem persönlichen Favorit INSOMNIUM gab es ebenfalls von BATTLE BEAST, WHITECHAPEL, KISSIN‘ DYNAMTE, THE BLACK DAHLIA MURDER, FLESHGOD APOCALYPSE, ENTOMBED AD, CARNIVORE AD, NECROPHOBIC, DEBAUCHERY, DYSCARNATE und OKILLY DOKILLY ordentlich auf die Mütze!

Aber, zurück zum Anfang. Die Turbinenhalle als Festival-Location löste bei mir schon im ersten Jahr leichte Zweifel aus, da für mich Festival und Open Air zwei untrennbare Begriffe waren. Diese Einstellung hat sich seit dem RMM für mich auf jeden Fall geändert. Und jetzt mal ehrlich. Wer steht schon gerne Anfang Dezember, bei einstelligen Temperaturen zwei Tage open Air auf nem Acker in Schnee, Matsch und Regen rum. Vor diesem Hintergrund tut es auch nicht weh, dass beim RMM auf einen Campground verzichtet wurde.

Dafür gibt es in einer gut geheizten Turbinenhalle zwei Stages, lecker Bierchen und sogar einen Metal-Markt. Hier präsentieren sich neben den klassischen Fressbuden auch ein paar Händler und man bekommt die Zeit zwischen den Bands gut rum. Oder man nutzt die separate Halle, um bei etwas weniger Hintergrundgeräuschen in Ruhe zu quatschen.

Das UrCult.de + erntet das RMM gleich mit zwei Aktionen. Zum einen haben jedes Jahr auf der kleinen Bühne (Flöz-Stage) Newcommer-Bands aus dem Ruhrgebiet die Möglichkeit, das Festival zu rocken. Zum anderen locken jedes Jahr einige Kult-Flipper, den ein oder anderen Taler zu versenken. Der Erlös wird dann für einen gemeinnützigen Zweck gespendet. Coole Sache! Ur Cult, liebes RMM.

Ein fettes UrCult.de – (MINUS) müssen wir leider für die Becherwirtschaft der Turbohalle aussprechen. Sämtliche Getränke kommen in Plastikbechern und dazu noch ohne Pfand. Das führt dazu, dass die Halle nach den Konzerten von einem Teppich aus zertrampelten Bechern überzogen ist. Ein Bild, das leider schon dem einiger Meere ähnelt. Also, Hand aufs Herz liebes RMM Team: Im kommenden Jahr bitte keine Plastik Einwegbecher mehr!

Zurück zur Anreise. Wer die Turbinenhalle kennt, schätzt die gute Anbindung durch den ÖPNV. Aber auch, wer nicht auf das Auto verzichten kann, findet vor den Pforten der Halle ausreichend Parkmöglichkeiten für kleines Geld. Dank der verbesserten Orga geht es schnell durch den Einlass. Eine Garderobe gibbet nicht – dafür die bekannten und viel zu kleinen Schließfächer. Die reichen schlussendlich für ne Jacke und bei den Damen auch für ne kleine Handtasche. Passt schon.

Der Freitag bietet für mich beim Ruhrpott Metal Meeting 2020 das interessantere Lineup der beiden Festivaltage und so freue ich mich auf den Start mit THE BLACK DAHLIA MURDER. Die Detroiter Melo-Death-Metaller brauchen ein paar Minuten, um richtig Fahrt aufzunehmen, sind dann aber ab Song 2 nicht mehr zu bremsen. Frontmann Strnad macht wie gewohnt während des Gigs mindestens 150.000 Schritte und kann sich damit das abendliche Workout sparen. Das Publikum ist am Anfang noch ein wenig träge, lässt sich schlussendlich aber doch einfangen.

Nach einer kurzen Pause (es gibt lecker Stauder für 3 Wert-Bons, was umgerechnet 3€ entspricht) kapern die fünf Jungs um Fronter Phil Bozeman von WHITECHAPEL die Ruhrpott Stage. Auf die Ohren gibt es ein atmosphärisches und ausgewogenes Set, teils ruhig, teils aggressiv und mit einem Schwerpunkt auf dem neuen Album „The Valley“. Das Publikum findet es gut – ich auch!

INSONMNIUM stehen als nächstes auf dem Programm und schwups, auch schon auf der Stage. Schon oft gehört und noch nie enttäuscht worden, liefern die Finnen auch dieses Mal wie gewohnt solide ab. Das gut durchmischte Festival-Set bedient ebenso neue Neugierige wie auch alte Hasen. Auch der Sound sitzt. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so und sorgt darum für besondere Freude.

Den Sack zu machen am Freitag dann KATAKLYSM. Alter Gevatter, mir tut immernoch der Nacken weh. Klar, die Jungs aus Montreal haben schon n ziemlich guten Ruf, aber der kommt eben auch nicht von ungefähr und wird auch beim RMM wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt und gefestigt. Generell ist die Auswahl der Bands im Rahmen des MTV Headbangers Ballroom dieses Jahr für meine Ohren die beste seit Jahren. Dazu passt der Sound und das Bier ist lecker. Ab nach Hause und zufrieden ins Bett.

Tag zwei beginnt für die Newcommer bereits um 14:50 Uhr auf der Flöz. Die Großen legen ab halb Sechs los. Überschneidungen gibt es „nur“ bei den letzten drei Bands auf der Flöz mit der Mainstage. Hier gilt: Entscheide Dich! Denn der Weg zwischen den beiden Hallen ist zwar nicht weit, wenn man nach vorne will aber um so beschwerlicher. Hinzu kommen noch leichte Verzögerungen und eine latent zickige PA beim Gig von CARNIVORE A.D.. Die Jungs nehmen’s sportlich und zocken eine gediegene Show, teils über die Monitore.

Vor CARNIVORE A.D. gab es mit OKILLY DOKILLY noch mein persönliches Highlight auf der Flöz-Stage. Der Name sagt eigentlich alles. Die volle Dröhnung Punk/Metal Flanders mit neddelideddeliischen Ansagen in einheitlichem Bühnenoutfit. Eine dieser Bands, bei der die Zeit im Fotograben einfach zu schnell vergeht!

Auf der Mainstage legen derweil DEBAUCHERY ein ordentliches Brett auf die PA. Gewohnt blutig und düster gestaltet sich das Bühnenbild und erinnert an der ein oder anderen Stelle an ein Gemälde von Royo. Obwohl die Stuttgarter sich ordentlich ins Zeug legen, wird ihnen die Ungnade des ersten Slots auf der Main zutage. Naja, immerhin nickt die Crowd im Takt. Mal wieder ereilt mich der Gedanke, dass ich Thomas schon gerne mal als Lehrer gesehen hätte.

Um 18:30 trifft geballte Spandex Power die feierwütige Meute. Die IRON MAIDENS liefern eine gelungene Show ab. Okay, Metaller zu Maiden Songs zum Feiern zu bringen ist in etwa so schwer, wie eine Katze davon zu überzeugen, eine Dose Thunfisch zu essen – führt aber auch zu einem krassen Vergleich mit dem Original, dem die Kalifornierinnen absolut standhalten können und der Bezeichnung „Tribute-Band“ alle Ehre machen.

Nach dem Spandex kommt der Glam und KISSING DYNAMITE übernehmen das Ruder. Hannes zerlegt in Glam-Diva-Manier mit seinen alten Schulfreunden gekonnt die Stage. Auch mit Hilfe diverser Kubikmetern Gas, die sich in Form von Feuersäulen in die Halle fräsen. Zwar höre ich um mich herum immer wieder „ist das eigentlich Metal?“, doch die Reaktion der durch die Bank weg eskalierenden Crowd gibt eine eindeutige Antwort „scheiß egal, es rockt!“.

Um dem für ein Metal-Festival bis jetzt schon ziemlich bunten Nachmittag die gehörnte Krone aufzusetzen, geht es direkt nach Spandex und Glam weiter mir BATTLEBEAST! Noora und Co. haben die Crowd wie erwartet fest im Griff und sorgen für ausgelassene Stimmung in der „Main-Hall“. Das war bei der dominierenden Zahl der BATTLEBEAST Shirts an Tag zwei irgendwie auch nicht anders zu erwarten. Zwar finden die Finnen sich nicht oft auf meiner Playlist wieder, aber sowohl Show als auch die Reaktion des Publikums sagen ganz deutlich: Geil gerockt!

Mit BATTLEBEAST endet der quitschebunte Power-Glam-Vorabend, und auch wenn ich zuerst ein wenig skeptisch ob dem Kontrast zum „auf die Fresse- Vortag“ war, finde ich den krassen Stilmix im Nachhinein ziemlich gelungen. Und damit bin ich wohl nicht der einzige. Zwar nervt es ein wenig, dass schon jetzt einige den Heimweg antreten, aber hey, man kann Menschen eben nicht zu ihrem Glück zwingen.

Als letzte Band des Abends und damit auch des Festivals liefern QUEENSRYCHE eine solide Stadium-Prog-Show ab. Die Setlist ist festivaltypisch und mixt altes und neues. Keine große Überraschung, dennoch gut. Die Band um Todd LaTorre ist in super Form und lässt die lichten Reihen zum Ende eines gelungenen Festivals schnell vergessen. Ein für mich gelungener Abschluss.

Wir bleiben noch etwas auf der Empore stehen, während die Halle leergeräumt wird. Auch heute dasselbe Bild. Ein Plastikmeer aus Bechern. Echt nicht cool, nicht in und vor allem nach 2019. Die Turbohalle ist eine wirklich tolle Location.Aber das macht den tollen Gesamteindruck irgendwie kaputt.

So, genug moralisch Gezeigefingert. Rückblickend hat sich das RMM zu einer kleinen Perle im vorweihnachtlichen Pott entwickelt und hilft hervorragend gegen den winterlichen Festivalblues. Die Location gibt neben den beiden Bühnen mit zumeist gutem Sound auch die Möglichkeit, sich kurz zum Quatschen in ruhigere Gefilde zurückzuziehen, was bei der Frequenz der bekannten Gesichter wirklich gut ist. Leider war das RMM dieses Jahr nicht so gut besucht, wie die letzten. Das ist schaden. Wir drücken für das kommende Jahr die Daumen und freuen uns jetzt schon auf das RMM 2020 und sind gespannt, welches Billing uns die Ruhrpott-Metal-Wichtel in die Adventskalender zaubern.