Endlich, nach über 1,5 Jahren heißt es für uns wieder FESTIVAL! Nachdem das Rock Hard Festival 2020 eines der ersten war, die aufgrund der Pandemie abgesagt werden mussten, freuen wir uns um so mehr, dass das Rock Hard One Day – quasi die Corona-Edition des Rock Hard Festivals – nun wieder eins der ersten größeren Festivals ist, die wieder stattfinden können. Mit rund 1.700 Besucher*innen bietet das Amphitheater ausreichend Platz, sieht aber gleichzeitig nicht zu leer aus.

Entgegen der Standard-Edition des Festivals konnte der Parkplatz auf dem Gelände nicht gebucht werden. Dementsprechend waren wir schon früh da und hatten freie Platzwahl und direkt ein nettes Frühstücksbierchen mit den Nachbarn. Das Campen war dieses Jahr nicht gestattet, dementsprechend mussten wir uns auf das Wiederherstellen der Fahrtüchtigkeit beschränken.

Der Einlass erfolgte gut organisiert in zwei Etappen: zuerst gabs den 3G-Check und das erste Bändchen, dann die Ticketkontrolle und das zweite Bändchen. Leider gab es dieses Jahr wirklich nur Papierbändchen und keine schönen Stoffbändchen. Schade, denn das Design des Rock Hard Merch und dementsprechend auch der Bändchen ist eigentlich immer ziemlich gut.

Das Line-up? Aus Gründen ausnahmslos aus dem Dunstkreis des Ruhrgebiets. Nun ja – und ASPHYX, die als Niederländer aus dem Grenzland ja quasi ebenfalls in Spuckweite des Festivals leben. Glücklicherweise ist die Metropolregion reich an ebenso reichhaltigen Metal und Hard Rock-Kapellen. So wie SCORCHED OAK welche am frühen Nachmittag bei Bilderbuchwetter das Rock Hard One Day eröffnen und ganz offensichtlich die Möglichkeit in vollen Zügen genießen, nach so langer Zeit mal wieder live spielen zu dürfen.

Rock Hard One Day / WOLFSKULL, Quelle: StagePix.de
Rock Hard One Day 2021 / WOLFSKULL, Quelle: StagePix.de

WOLFSKULL wagen es, trotz der Reglements, die Bierbankfraktion mit Erfolg zu Mini-Moshpits um ihre Tische aufzufordern. Alle beteiligten machen das Beste aus diesem Eintages-Festival. Schließlich standen auch THE VERY END nach eigenen Aussagen seit über unfassbaren 600 Tagen nicht mehr auf einer Bühne. Wie die Stimmung, steigt auch der Bierkonsum stetig. Man wird den Eindruck nicht los, dass so manche*r die über Jahre hart antrainierte Trinkfestigkeit ein wenig eingebüßt hat. Hinweise darauf sind einige Trinkgesellen mit teils schon gefährlicher Schlagseite, die obligatorischen „Bierleichen“, welche ihren Rausch schon während der Festival-Halbzeit selig auf den Stufen ausschlafen, sowie der wohl für das Rock Hard-Team so nicht kalkulierte, hohe Wasserkonsum. Das alkoholfreie Blubberwasser ist nämlich kurzfristig ausverkauft.

Rock Hard One Day 2021 / THE VERY END, Quelle: StagePix.de
Rock Hard One Day 2021 / THE VERY END, Quelle: StagePix.de

Dank der Tribühnensituation kommt auch zum Abend hin, als sich das Amphitheater noch etwas weiter füllt, nie das Gefühl von Enge auf. Spätestens mit dem Gig von MOTORJESUS hält es viele Pötter nicht länger auf den Steinstufen und Köpfe in starrer 12 Uhr-Stellung, sodass die Security etwas Mühe hat, die Absperrgitter zum Biergartenbereich halbwegs freizuhalten.

Rock Hard One Day 2021 / MOTORJESUS, Quelle: StagePix.de
Rock Hard One Day 2021 / MOTORJESUS, Quelle: StagePix.de

Wer nach dieser mittlerweile ungewohnten Verausgabung ein Hüngerchen verspürt, wird mit Imbissbuden-Üblichem Backenstopfern wie Bratwurst im Brötchen, frittiertem Backfisch oder Crepés versorgt. Für etwas gediegenere Gaumenfreuden sorgt ein Imbisstand, der von VegChicken Döner bis Burger fleischfreie Gourmet-Kost zum vergleichsweise fairen Preis bietet.

Gut gestärkt geht es dann weiter mit RAGE, die am Vortag ihr sage und schreibe 25stes Studioalbum “Resurection Day” released haben. Dementsprechend starten Peavy und Co. natürlich mit dem gleichnamigen Opener-Song der neuen Scheibe: Läuft!. Die Biergartenbänke vor der Bühne habe sich mittlerweile geleert und die Besucher*innen knubbeln sich selig geeint und Headbangend am Wellenbrecher vor der Bühne. Ein Setting, das in mir eine leichte Gänsehaut hervorruft und ich mir denke: FUCK CORONA und Endlich wieder Musik da erleben, wofür sie gemacht ist: nämlich LIVE! Nach 9 Songs beenden die 4 Rager dann – wie sollte es anders sein – ihr Set mit “Higher Than the Sky”.

Rock Hard One Day 2021 / RAGE, Quelle: StagePix.de
Rock Hard One Day 2021 / RAGE, Quelle: StagePix.de

Das viel zu früh anstehende Finale dürfen schließlich ASPHYX abfeiern. Früh nicht nur, weil ein Festival, das nur einen Tag geht einfach grundsätzlich viel zu kurz geraten ist, sondern auch, weil um 23 Uhr Schicht im ruhrpott’schen Metal-Schacht ist. Warum? Darüber klärt Martin van Drunen wie gewohnt schön unterhaltsam und schnodderig auf, als er drei wichtige Fragen an alle Zuhörenden stellt: “Sind wir laut genug? Sind wir für euch dahinten laut genug? Sind wir für die scheiß Nachbarn laut genug?!?”
Ja, selbst in Zeiten, in denen Veranstaltungen, die überhaupt zu Lärmbelästigung führen könnten, mit einer Lupe gesucht werden müssen, muss auf das empfindliche Ohr, noch empfindlicherer Anwohner geachtet werden. Auch wenn das Amphitheater mitten in einem Park ohne direkte Anwohner steht.
Nur an einer Stelle wird mein Hör- und Headbang-Vergnügen empfindlich gestört. Habe ich da wirklich ein „Impfen macht frei“ aus des Sängers Munde gehört? Entweder ist es ein sehr verunglückter Aufruf an alle, sich Impfen zu lassen? Oder aber ist es eine sarkastische Kritik, bezogen auf den Druck, der auf allen Impfmuffeln lastet?
Leider scheint letzteres naheliegender, da zumindest hierzulande die Holocaustvergleiche im Milieu der Querdenker und radikalen Coronamaßnahmen-Gegner verhaftet sind.

Dabei tat dieses unpolitische einfach-mal-zusammensein so unfassbar gut.
Gelsenkirchen war heute ein Kurort der geschundenen Metal-Seelen. Und wird es hoffentlich auch noch viele, viele Jahre sein!

Line-up:
ASPHYX
RAGE
MOTORJESUS
DARKNESS
THE VERY END
WOLFSKULL
SCORCHED OAK